Menschenrechte

Die EMRK verpflichtet die Mitgliedsstaaten des Europarat zur Einhaltung bestimmter Menschenrechte.
Die EMRK verpflichtet die Mitgliedsstaaten des Europarat zur Einhaltung bestimmter Menschenrechte.
Bei den Menschenrechten handelt es sich um allgemein anerkannte Rechte, die ein Mensch gegenüber dem Staat hat. Die Menschenrechte verbürgen Freiheiten, also persönliche Schutzräume, in der Staat nicht (bzw. nicht ohne Weiteres) eingreifen darf. Insofern unterscheiden sie sich nicht von den Grundrechten, die man aus den Verfassungen verschiedenster Staaten, einschließlich der Bundesrepublik sowie der Bundesländer, kennt.

Menschenrechte stehen in internationalen Verträgen

Der Unterschied ist jedoch, dass sich die Menschenrechte in internationalen Verträgen finden, die die juristischen Traditionen aller vertragsschließenden Staaten berücksichtigen müssen. Darum ist es manchmal nicht so einfach, zu entscheiden, was mit bestimmten Formulierungen gemeint ist. Außerdem werden viele Thematiken von mehreren Abkommen behandelt, was die Frage aufwirft, ob diese die zuvor verbürgten Rechte nun ergänzen oder ersetzen sollen.

Die juristisch tatsächlich relevanten Menschenrechte sind fast ausschließlich diejenigen der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK). Die EMRK stammt aus dem Jahr 1952 und wurde von den Mitgliedsstaaten des Europarats geschlossen. Sie gilt also nicht nur in den EU-Staaten, sondern in allen europäischen Staaten, derzeit ausgenommen lediglich Weißrussland und Russland.

Die Europäische Menschenrechtskonvention wurde und wird durch sogenannte Zusatzprotokolle stetig weiterentwickelt. Diese Zusatzprotokolle betreffen teils verfahrensrechtliche Änderungen und teils die Präzisierung schon bestehender EMRK-Rechte. Einige Zusatzprotokolle gewähren aber auch ganz neue Menschenrechte und rücken von bisherigen Ansichten ab, bspw. wurde die Todesstrafe früher (sechstes EMRK-Zusatzprotokoll) ausdrücklich für zulässig erklärt, ist aber mittlerweile durch das elfte Zusatzprotokoll vollständig untersagt.

Für die Geltung und die Durchsetzbarkeit der Menschenrechte ist es unerheblich, ob sich diese nun in der EMRK selbst oder in einem ihrer Zusatzprotokolle finden. Bei der Anwendung der Rechte muss man freilich stets beachten, aus welcher Rechtsquelle sie nun stammen und wann diese verabschiedet wurde. Denn zeitliche Hintergründe verraten oft einiges darüber, aus welchen Motiven das Recht eingeführt wurde und welche Konstellationen es deswegen behandeln soll.

Ähnlichkeit und Unterschiede zu Grundrechten

Menschenrechte ergeben sich aus vielen völkerrechtlichen Verträgen.
Menschenrechte ergeben sich aus vielen völkerrechtlichen Verträgen.
Inhaltlich sind auch diese Menschenrechte aus der EMRK und den Protokollen ganz ähnlich den Grundrechten aus dem Grundgesetz und den Landesverfassungen. Teilweise orientiert sich der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte, der über Menschenrechtsbeschwerden zu entscheiden hat, auch an der Rechtsprechung von Verfassungsgerichtshöfen der Mitgliedsstaaten.

Es gibt allerdings auch Unterschiede in Details, die man als Beschwerdeführer kennen und beachten muss. Dies erfordert eine genaue Kenntnis der rechtswissenschaftlichen Literatur aus ganz Europa und der Rechtsprechung des EGMR.

Der EGMR entscheidet über die sogenannte Individualrechtsbeschwerde, mit der ein Betroffener die Verletzung von EMRK-Rechten geltend machen kann. Aber auch die nationalen Gerichte müssen bereits in ihrer Rechtsprechung die EMRK beachten und anwenden. Das erlaubt zwar nicht, nationale Gesetze einfach nicht zu beachten, weil sie angeblich gegen Menschenrechte verstoßen. Insoweit gilt jedoch eine EMRK-freundlichen Auslegung inländischer Gesetze.

Menschenrechte vor den nationalen Gerichten

Weil die Verpflichtung zur Wahrung der Menschenrechte zunächst die mitgliedsstaatlichen Gerichte trifft, müssen die Bürger auch den gesamten nationalen Rechtsweg beschreiten. Es müssen also zunächst die von den Prozessordnungen vorgesehenen Rechtsmittel wie Berufung und Revision genutzt werden. Auch die Bundes-Verfassungsbeschwerde ist Voraussetzung dafür, dass eine EMRK-Beschwerde überhaupt zulässig ist. Erst, wenn auch das Bundesverfassungsgericht die in Rede stehende Rechtsverletzung nicht behoben hat, kann der EGMR angerufen werden.

Hieraus ergibt sich aber auch, dass die nationalen Gerichte den Menschenrechten zur Durchsetzung verhelfen müssen. Die EMRK und die übrigen internationalen Abkommen sind insoweit aber nur als Gesetzesrecht anerkannt. Das bedeutet, dass die übrigen Gesetze der Bundesrepublik gleichwertig neben der EMRK stehen und insbesondere spätere Bundesgesetze die EMRK-Rechte verdrängen können. Dies ist ein wesentlicher Unterschied zu Grundrechten, die als Teil der Verfassung über den Gesetzen stehen.

Damit die Menschenrechte dadurch nicht entwertet werden, muss die Rechtsprechung die nationalen Gesetze möglichst so anwenden, dass die Menschenrechte gewahrt bleiben. Man spricht daher auch von einer menschenrechtsfreundlichen Gesetzesauslegung. Besonders wichtig ist dies im Rahmen des Art. 6 EMRK, der ein faires Gerichtsverfahren vorschreibt.

Zu beachten ist auch, dass andere Europaratsabkommen (also abgesehen von der EMRK und ihren Zusatzprotokollen) meist keine Rechtswirkung für die Bürger erzeugen. So können bspw. die Rechte aus der Europäischen Sozialcharta nicht eingeklagt werden. Eine Verletzung dieses Vertrags könnte nur durch die anderen Mitgliedsstaaten oder die Organe des Europarats gerügt werden.

Menschenrechte im sonstigen Völkerrecht

Weitere Menschenrechte stehen in anderen internationalen Übereinkünften, z.B. im Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Grundrechte. Diese sind in der Regel weder in der Menschenrechtsbeschwerde noch in der Verfassungsbeschwerde einklagbar. Allerdings können diese Rechte gewisse Auswirkungen auf andere Grundrechte haben.

Daneben gibt es die Möglichkeit der UN-Individualbeschwerde, die in verschiedenen internationalen Verträgen vorgesehen ist. Diese spielt bisher praktisch kaum eine Rolle. Seit Einführung dieses Rechtsmittels gab es lediglich eine Handvoll relevanter Entscheidungen. Ob die Individualbeschwerde in der Zukunft eine größere Rolle einnehmen wird, ist noch völlig unklar.

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(Letzte Aktualisierung: 13.09.2022)

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